Das vergessene königliche Spiel: Baille-Maille

Anlässlich der Geburt seines Thronfolgers gab der französische König Ludwig XIV. (1638–1715), genannt der Sonnenkönig, ein rauschendes Fest, bei dem er auch sein Können beim königlichen „Jeu de Mail“ vor 15.000 Zuschauern, meist Angehörige des Hofes, gab. Schon seine Vorgänger unter den französischen Königen huldigten diesem „Kugelschläger-Spiel“. Erst im fortgeschrittenem Lebensalter, bedingt durch Krankheit und auf Drängen seiner Ärzte, spielte er eine verkleinerte Form des Mailspiels in seinem Schloss: eine Art von „Indoor-Mail“ oder heute besser bekannt als Billard.

Ursprünglich im 15. Jahrhundert aus Italien kommend, dort als „Pall a maglio“ gespielt, kam es über die königlichen Höfe in Frankreich, England und den Niederlanden weiter an fast alle europäischen Fürstenhöfe. In Deutschland findet man Hinweise auf Spielanlagen in München (Hofgarten, Schloss Nymphenburg, Schloss Schleißheim), Landshut, Stuttgart, Pillnitz bei Dresden, Hamburg-Altona und in weiteren kleinen und großen Residenzen.

Der Bayreuther Markgraf Christian Ernst von Brandenburg (1644–1712) begegnete diesem Spiel der Aristokraten vermutlich auf seiner Kavalierstour durch Frankreich. Kurz darauf entstanden in der Residenzstadt Bayreuth im Hofgarten, der Eremitage und sogar an seiner Sommerresidenz in Himmelkron Baille-Maille-Spielanlagen. Letztere ist für 1662 als Erstanlage verbürgt. Nach französischem Vorbild bestand diese Anlage aus einer vierfachen Baumreihe – jede Reihe mit 200 Linden.

Die preußische Königstochter und Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth (1709–1758) schwärmte von dieser Allee in Himmelkron mit dem Vergleich „ ….beinahe so schön wie die in Utrecht “. Diese befand übrigens auch schon der Sonnenkönig als die Schönste von Europa.

Als 1791 der letzte Markgraf von Bayreuth-Ansbach-Brandenburg, Karl Alexander (1736–1806), in Vorahnung der französischen Revolution, seinen Besitz an die schon lange darauf begehrenden Preußen verkaufte, war es schließlich um diese einst so prächtige Allee in Himmelkron geschehen.

Im Winter 1792 wurde die Lindenallee umgehauen – trotz deutlichem Unmut in der Bevölkerung und tiefstem Bedauern des örtlichen Pfarrers. Es sollte rund 200 Jahre dauern, bis beherzte Himmelkroner den Plan fassten, diese Allee maßstabsgetreu wieder anzulegen.

Der damalige Regierungspräsident Dr. Erich Haniel schließlich pflanzte am 28.04.1992 die letzte von 600 Linden in Gedenken an den Baumfrevel 1792. Aus dem beispielhaften bürgerschaftlichen Engagement, immerhin wurden sämtliche Bäume gespendet, entwickelte sich schließlich ein in Europa einmaliger Natur- und Kulturschatz.

Inzwischen pilgern täglich zahlreiche Besucher zu diesem Denkmal - im Sommer zur jährlich stattfindenden Garten- und Kunstmesse an einem Tag sogar bis zu 10.000. Diese Veranstaltung mit 150 Ausstellern wurde übrigens von einer TV-Zeitschrift im Jahre 2013 in den Kreis der 100 schönsten Sommerveranstaltungen in Deutschland gewählt.

Nicht umsonst wurde 2016 die Baille-Maille-Lindenallee als Außenstelle der Landesgartenschau in Bayreuth mit aufgenommen.